Skibergsteigen umweltfreundlich
Naturvertäglich auf Tour mit dem Lawinencamp-Bayern
Mit der Kampagne „Natürlich auf Tour“ und dem Projekt "Skibergsteigen umweltfreundlich" leistet das Lawinencamp-Bayern mit dem Deutschen Alpenverein zusammen mit den örtlichen Sektionen und Bergwachtbereitschaften, den Behörden, Verbänden und Grundeigentümern einen Beitrag zur naturverträglichen und nachhaltigen Ausübung von winterlichen Freizeitaktivitäten in den Alpen.
Im Rahmen des Projekts wurden von Experten sensible Bereiche als „Wald-Wild-Schongebiete“ ausgewiesen und naturverträgliche Routen ausgeschildert.
Das Projekt richtet sich nicht nur an Skitourengeher, sondern an alle Wintersportler und -wanderer, die sich im winterlichen Gebirge bewegen.
Leitlinien des Projekts
Die Vereinbarungen, die zwischen Alpenverein und Wildtier-Experten getroffen wurden, sind ein Kompromiss. Die Interessen der Wintersportler und die Belange des Naturschutzes sind gleichermaßen berücksichtigt.
Folgende Leitlinien liegen dem Projekt zu Grunde:
- Sicherstellung der ökologischen Verträglichkeit der alpinen Freizeitnutzung
- Erhaltung der bergsportlichen Nutzungsmöglichkeiten für künftige Generationen
- Entwicklung, Umsetzung und langfristige Betreuung von Regelungen mit Empfehlungscharakter (Routenempfehlungen)
- Beschränkung der Regelungen auf das notwendige Maß
Was bedeutet „Störung“?
Was Tiere als Störung wahrnehmen, ist für uns Menschen nicht immer erkennbar. Nicht jedesmal bedeutet Störung Flucht. Und nicht jedesmal sehen wir die Tiere flüchten.
Störung bedeutet aber immer Stress und damit zusätzliche Energiekosten. Diese Energie ist im Winter wenig verfügbar, weder im Körper als Fettreserve, noch in der Natur als Futter. Äußerstenfalls sind die Tiere gezwungen, in Gebiete mit schlechterer Nahrungsverfügbarkeit oder höherem Räuberdruck zu flüchten.
All dies kann zum Verhungern, sicher aber zu einer schlechteren Gesundheit führen. Wenn in einem Lebensraum die Zahl der Tiere einer Art abnimmt, dann hat dies auch einen negativen Einfluss auf die Art in benachbarten Gebieten (genetischer Austausch) bzw. auf Lebensgemeinschaften (Räuber-Beute-Beziehungen).
Welche Tiere werden gestört?
Auerhuhn
Grundsätzlich bilden die Höhenlagen unter 2200 m den Lebensraum für viele störempfindliche Tierarten. Damit ist jeder Berg und jeder Gipfel des Mangfallgebirges ein möglicher Lebensraum für Wildtiere. Vom Gipfel- sowie Gratbereich bis zur Waldgrenze leben beispielsweise Alpenschneehühner, Birkhühner, Gämsen und Schneehasen. Die Wälder darunter, bis in die Tallagen, besiedeln Auerhuhn, Haselhuhn, Rothirsch und Reh.
Sofern Wanderer, Touren– und Schneeschuhgeher auf den Wegen bzw. empfohlenen Routen bleiben, werden Auerhühner wenig beeinträchtigt. Abseits der Wege im Wald kann die Störung allerdings beträchtlich sein. Aufgrund des Verlusts von geeigneten Waldlebensräumen in den vergangenen Jahrzehnten finden Auerhühner ihre letzten Rückzugsräume in den Alpen. Doch auch hier sind sie weiterhin bedroht.
Birkhuhn
Besonders Birkhühner können von Ski- und Schneeschuhaktivitäten gestört werden. Ihr Lebensraum deckt sich im großen Maße mit den Touren- und Schneeschuhgebieten, also den Gipfel- und Gratbereichen, den Übergangsflächen vom Wald zum Latschengebüsch und den südseitigen Hängen. Eine Studie aus den Schweizer Alpen zeigt, dass 67% des Birkhuhnlebensraums des Rhônetals von Touren-, Schneeschuhgehern bzw. Variantenfahrern beeinträchtigt werden.
Aufgrund von Lebensraumverlust kommen Birkhühner in Deutschland nur noch in den Bayerischen Alpen in nennenswerter Anzahl vor. Die Bestände des Mangfallgebirges haben eine deutschlandweite Bedeutung, woraus sich eine große Verantwortung für die Nutzer ergibt.
Gämse
Beim Schalenwild, also Gämse, Rothirsch und Reh können vor allem die jungen, unerfahrenen Tiere durch Störung verhungern oder erkranken.
Bei den Tieren führt die Störung zu einem erhöhten Energieverbrauch. Eine abrupte Flucht kostet wesentlich mehr Energie als normales Gehen - je höher die Schneedecke, desto größer der Energieverbrauch. Das Schalenwild kann im Winter seinen Organismus/Stoffwechsel herunterfahren (Energiesparmodus), um nicht unnötig Energie in dieser kargen Jahreszeit zu verbrauchen. Bei Störung werden die Tiere aus diesem Modus herausgerissen. Der Äsungszyklus mit den benötigten Ruhephasen für das Wiederkäuen der schwerverdaulichen Nahrung wird unterbrochen. Um diesen Zyklus wieder in Gang zu bringen, muss zusätzliche Nahrung aufgenommen werden.
Wieso ist der Wald auch betroffen?
Nicht nur, dass das Schalenwild nach Störung die Energielücke durch zusätzliche Futteraufnahme schließen muss, oft wird es auch gezwungen, in weniger gestörte, dafür häufig weniger geeignete Bereiche abzuwandern.
Das Schalenwild zieht dann vermehrt auch in sensible Waldbereiche (Schonungen bzw. Schutzwald) und beeinträchtigt dort den Aufwuchs. Unter Umständen kann der Wald dann seine Funktionen als Lawinenbarriere, als Erosionsschutz oder als Wasserrückhalt nicht mehr erfüllen. Um dem entgegenzuwirken sind entweder hohe Kosten für Schutzwaldsanierungen oder erhöhte Abschusszahlen notwendig.
Was wäre naturverträglich?
- Markierungen, Hinweise und Routenempfehlungen des Projektes "Skibergsteigen umweltfreundlich" beachten.
- Schutz- und Schongebiete für Pflanzen und Tiere respektieren.
- Lebensräume erkennen: Wildtieren möglichst ausweichen, sie nur aus der Distanz beobachten, Futterstellen umgehen, Hunde anleinen und Lärm vermeiden.
- Im Hochwinter Gipfel, Rücken und Grate vor 10 Uhr und nach 16 Uhr meiden.
- In Waldgebieten und an der Waldgrenze auf üblichen Skirouten, Forst- und Wanderwegen bleiben, Abstand zu Baum- und Strauchgruppen halten.
- Aufforstungen und Jungwald schonen.
Trichterregel
Aufgrund der maximalen Höhen des Mangfallgebirges sind alle Lagen Lebensraum von Wildtieren. Hier gibt es für eine naturverträgliche wintersportliche Nutzung wenig freien Spielraum. Eine Kanalisierung ist überaus wichtig.
Wo gibt es Schongebiete und wie erkenne ich sie?
Wild-Wald-Schongebiete gibt es im gesamten Bayrischen Alpenraum, aber auch in der Schweiz und in Österreich. Im Mangfallgebirge befinden sie sich kleinräumig an fast jedem relevanten Tourenberg, also zum Beispiel:
Rotwand, Wendelstein, Breitenstein, Hirschberg und Jägerkamp.
Über die Schongebiete informieren, kann man sich auf Alpenvereinskarten, im Internet unter www.alpenvereinaktiv.com, in Führern mit den Siegeln „naturverträgliche Skitouren“ bzw. „naturverträgliche Wintertouren“ und im Gelände.
An gut einsehbaren Stellen an den Zustiegen stehen Übersichtstafeln, in sensiblen Bereichen sind die Aufstiegsrouten mit grünen Schildern markiert. An den Schongebietsgrenzen finden sich oft zusätzlich „Stopp“-Schilder.